Woche 12 – 2023 | 20. – 26. März
Montag, 20. März:
Die Arbeitswoche beginnt mit einem Besuch bei Bürgermeisterin Kählert in Tornesch. Mit dabei ist unser Bundestagsabgeordnete Ralf Stegner. Wir diskutieren unter anderem über den Bahnausbau. Es geht wieder um die Taktung der Züge in Richtung Hamburg. Wir kommen auch auf den Ausbau der K22 und um den Neubau einer Grundschule zu sprechen.
Am Nachmittag bereite ich die Landtagssitzungen vor. In dieser Woche wird der Haushalt beschlossen – für mich als Finanzpolitikerin ist das die wichtigste Sitzung des Jahres.
Abends ist Fraktionssitzung im Elmshorner Rathaus. Es sickert die Nachricht durch, dass der neue Zentralkrankenhausstandort in Pinneberg sein wird. Eine bittere Pille für Elmshorn.
Meine Meinung: Der Vorschlag der Regio Kliniken folgt erkennbar den strategisch-unternehmerischen Prämissen des SANA-Konzerns. Wieder einmal gehen Profitinteressen vor, das Wohl der Menschen ist zweitrangig. Sozialpolitische Erwägungen fehlen komplett. Das ist bitter. Das wirtschaftliche Risiko dieser Entscheidung trägt die öffentliche Hand, denn die Investitionsmittel für das Zentralklinikum kommen aus dem Landeshaushalt.
Dabei ist das Kalkül, mit einem Standort Pinneberg PatientInnen aus Hamburger Krankenhäusern zurückzugewinnen, schon bei der Schließung der Elmshorner Geburtsstation nicht aufgegangen.
Außerdem verliert die sechstgrößte Stadt des Landes Schleswig-Holstein nicht nur ihr Krankenhaus, sondern der nördliche Teil des Kreises Pinneberg hat künftig einen deutlich schwierigeren Zugang zu einer leistungsfähigen Gesundheitsversorgung. Die Regio Kliniken sind jetzt gefordert, damit die gesundheitliche Versorgung im Norden des Kreises gesichert bleibt. Für mich ist entscheidend, welche medizinische Grundversorgung in Elmshorn bestehen bleiben kann.
Dienstag, 21. März:
Ich fahre nach Kiel. Dort tagen heute wieder die Fraktionsgremien. In der Mittagspause zeichnet der NDR mit mir ein Interview auf. Es geht um den Haushalt. Der Beitrag läuft abends im NDR-Schleswig-Holstein-Magazin. Außerdem habe ich mit unserem Fraktionschef Thomas Losse Müller ein Pressegespräch „vor Landtag“ mit dem Landeshaus-JournalistInnen.
Bis in den späten Abend arbeite ich an meinen Landtagsreden.
Mittwoch, 22. März:
Die Landtagssitzung startet mit einer Aktuellen Stunde zum Thema Sondervermögen für den Klimaschutz. Die CDU stellt sich gegen einen Vorstoß von Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) für ein schuldenfinanziertes Sondervermögen für den Klimaschutz. Das sei mit der Schuldenbremse nicht vereinbar. Wohlgemerkt: CDU und Grüne bilden ja die Regierungskoalition und sollten sich eigentlich in solchen wichtigen, zukunftsweisenden Fragen einig sein! Weiterhin zeigt die CDU mit ihrem Fraktionsvorsitzenden Tobias Koch wieder mal, dass sie immer noch nicht verstanden hat, wie wichtig das Thema Klimaschutz ist und wie hoch der Handlungsbedarf. Dabei betont dann Ministerpräsident Daniel Günter in der anschließenden Haushaltsdebatte, dass er sich dafür einsetzt, dass Schleswig-Holstein ein klimaneutrales Industrieland wird. Tja, umsonst wird das nicht gehen, lieber Ministerpräsident!
Wir jedenfalls betonen: Die Kosten fürs Nichtstun sind höher.
Danach geht es um den Haushalt. Wir greifen unter anderem das Thema mit dem „klimaneutralen Industrieland“ auf und betonen, dass die Regierungskoalition genau das mit diesem Haushalt beerdigt hat. Die Maßnahmen reichen nicht. Das gilt für fast alle Themen. Auffallend ist, dass Schwarz-Grün immer nur Projekte nachbessert, wenn es nicht anders geht, aber keine Akzente setzt. Das wird für den Echten Norden irgendwann auch zum echten Problem. Dazu äußere ich mich fast als letzte Abgeordnete. Bis alle Punkte abgestimmt sind, wird es 19 Uhr.
Ich freue mich auf den Parlamentarischen Abend um Thema Steuerpolitik. Dazu haben Steuerberaterkammer und -verband eingeladen.
Donnerstag, 23. März:
Heute vor 90 Jahren wurde im Reichstag das schreckliche, so genannte Ermächtigungsgesetzt beschlossen. Dieses Gesetz ermöglichte es Hitler, allein Gesetze zu erlassen — ohne Rücksicht auf die Verfassung. So konnte er demokratische Prozesse ausschalten und eine nationalsozialistische Diktatur errichten. Dazu gibt es morgen in Pinneberg eine Veranstaltung der SPD-Kreistagsfraktion. Wir erinnern an den Sozialdemokraten Otto Wels. „Freiheit und Leben kann man uns nehmen, die Ehre nicht.“ Mit diesen Worten begründete Otto Wels am 23. März 1933 das „Nein“ der Sozialdemokraten zum Ermächtigungsgesetz. Von den 94 Sozialdemokraten, die geschlossen und als einzige Partei gegen das Ermächtigungsgesetz stimmten, bezahlten 24 mit ihrem Leben. Am 22. Juni 1933 wurde die SPD schließlich durch Reichsinnenminister Wilhelm Frick als „volks- und staatsfeindliche Organisation“ verboten.
Im Landtag geht es zunächst um das Thema schulische Bildungskosten in Zeiten hoher Inflation für Familien ein brandwichtiges Thema. Deshalb hatten wir eine Große Anfrage dazu gestellt – mit schockierenden Antworten aus dem Bildungsministerium: Der am häufigsten vorkommende Satz: „Zu den Kosten der Eltern liegen der Landesregierung keine Erkenntnisse vor.“ Wir gehen davon aus, dass Eltern pro Jahr für den Schulbesuch ihrer Kinder derzeit mindestens 1.200 Euro zahlen müssen. Und sogar 1.600 Euro, wenn auch ein digitales Endgerät zu finanzieren ist. Selbst Familien mit mittlerem Einkommen und schulpflichtigen Kindern bleiben auf der Strecke. Denn: Seit 2016 hat es erhebliche Preissteigerungen, etwa bei Schulmahlzeiten oder Klassenreisen gegeben, daher müssten Familien mit schulpflichtigen Kindern mehr unterstützt werden. Vor sieben Jahren untersuchte das Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik (IPN) die Lernmittelfreiheit in Schleswig-Holstein und erhob die Kostenanteile der Eltern an den schulischen Bildungskosten ihrer Kinder sowie der Schulträger pro Schüler und Schuljahr. Auf diesen Ergebnissen basierte auch ein Bericht der Landesregierung vom September 2016. Also alles nicht mehr zeitgemäß.
Danach geht es – wie passend – um Kinderarmut. Auch hier zeigt sich die Landesregierung desinteressiert. Weshalb sonst wurde unser Antrag auf kostenfreies Kita-Essen abgelehnt.
Dann eine höchst peinliche Debatte für die Grünen. Die wollen nämlich die Bürgerbeteiligung zurückschrauben. Mit Demokratie hat dies wenig zu tun. Da bestehen wir auf namentliche Abstimmung. Einige Abgeordnete von den Grünen werden sehr kleinlaut.
In der Mittagspause habe ich einen Video-Dreh über das Thema Haushalt.
Im Landtag geht es am Nachmittag auch um Frauenhaus-Finanzierung. Jeden Tag werden in unseren Frauenhäusern Hilfesuchende weggeschickt. Das ist ein Zustand, den wir nicht hinnehmen sollten, nicht hinnehmen dürfen. Die strukturierte Auswertung der Bedarfsanalyse und die Weiterentwicklung der Angebote kommen nur zögerlich voran. Wir haben uns bisher noch nicht einmal im Parlament intensiv mit den Ergebnissen beschäftigt. Vielleicht ist dieser Gesetzentwurf die Gelegenheit für eine breite Anhörung, und deswegen beantrage ich eine Überweisung in den Sozialausschuss. Dort könnten wir uns etwa darüber austauschen, warum tolle Initiativen wie die Land-Grazien im Kreis Herzogtum Lauenburg nicht von diesen Mitteln profitieren. Denn ich finde es frustrierend, wenn ich von den Einrichtungen und Initiativen höre, dass das Geld nicht reicht. So wie im Kreis Segeberg: Hier gibt es Einvernehmen, ein zweites Frauenhaus aufzubauen. Auskunft aus dem Ministerium: Für die Betriebskosten stehen keine Landesmittel zur Verfügung. Formal richtig – aber unbefriedigend für die Betroffenen.
Am Abend ist „Resteessen“ im Finanzministerium. Nach Abschluss der Haushaltsberatungen lädt das Finanzministerium alle Beteiligten aus den Fraktionen zu einem gemütlichen Beisammensein ein.
Freitag, 24. März:
Unser Antrag zu Künstlichen Intelligenz (KI) erregt Aufmerksamkeit. Denn: Die Tatsache, dass KI einen ordentlichen Landtagsantrag schreiben kann und juristische Examen besteht, läutet endgültig die nächste Phase der Automatisierung ein. Das, was die KollegInnen in den Fabriken, an den Werkbänken und Fertigungslinien schon seit den 70er Jahren erleben, wird nun in die Bürogebäude einziehen. KI ermöglicht nicht nur die Automatisierung von Routinearbeiten, sondern auch Wissensarbeit. Immer dann, wenn die Arbeitsleistung darin besteht, vorhandenes Wissen zu suchen und für einen bestimmten Zweck oder eine bestimmte Fragestellung aufzubereiten, kommt jetzt KI ins Spiel. Wir stehen damit vor einem neuen Strukturwandel, der nicht zu einem Strukturbruch werden darf. Das sind wir den Beschäftigten schuldig. KI muss eine Chance für alle sein und nicht nur für wenige! Wir müssten angesichts des Fachkräftemangels und der immer weiterwachsenden Aufgaben die Potentiale der KI für einen leistungsfähigen Staat nutzen.
Es geht in der Debatte um KI aber auch um sehr viel grundsätzlichere Fragen. Eine Frage, die mich persönlich sehr beschäftigt, ist: Wie KI die Zukunft der politischen Debatte und damit unserer Demokratie verändert. Denn mit den Möglichkeiten künstlicher Intelligenz ist der Produktion von Social Media, Texten und Videos keine zahlenmäßige Grenze mehr gesetzt. Demokratiefeinde können ganze Welten von Lügen und Unwahrheiten entstehen lassen, sich millionenfach reproduzieren. Unser zahlenmäßiger Vorteil ist weg. Uns stehen deshalb schwierige medienpolitische Debatten bevor. Wir müssen sicherstellen, dass alle öffentlichen Räume so gestaltet werden, dass die Demokratie in ihnen überleben kann. Es wäre falsch, die Chancen Künstlicher Intelligenz nicht zu nutzen. Es wäre genauso falsch die Risiken zu unterschätzen.
Nach Schluss der Sitzung fahre ich nach Pinneberg zur Veranstaltung zum Thema Otto-Wels-Rede zum Ermächtigungsgesetz. Zu Gast ist Rolf Mützenich, der Vorsitzende unserer Bundestagsfraktion.
Mein Fazit: Demokratie kommt nicht von allein, und damit sie bleibt, muss man jeden Tag dafür arbeiten.
Sonnabend, 25. März:
Ich fahre nach Lübeck. Dort ist Landesjugendfeuerwehrversammlung – zum ersten Mal wieder nach drei Jahren. Das ist sehr bewegend.
Auf dem Rückweg fahre ich nach Uetersen. Dort feiert der Förderverein der Chorknaben das 50jährige Bestehen.
Sonntag, 26. März 2023:
Die Zeitumstellung macht meine Tagesplanung zunichte, ich komme viel zu spät in die Gänge…
Den Nachmittag verbringe ich mit Plakate kleben und mit einem Konzert in der Nikolai-Kirche.